110. Die Erlösung. E-Mail

(Wenisch, Sagen aus dem Joachimsthaler Bezirke, S. 99.)


Auf einer Wiese am Abhange des Plattenberges bei Platten sah man vor längst entschwundenen Jahren öfters einen Mann umherwandeln,

der auf der Achsel einen Grenzstein trug und schrie: „Wohin soll ich ihn setzen?“ Das war ein gespenstischer Mann, der zu Lebzeiten, um seinen Besitz zu vergrößern, den Rainstein auf der Wiese zum Nachteile seines Nachbars verrückte und deshalb zur Strafe für diese ungerechte Handlung so lange herumirren musste, bis ihn jemand erlösen würde. Als an einem Abende einen Bürger aus Platten der Weg über diese Wiese führte, stand plötzlich der verwünschte Mann mit seinem Steine vor ihm und rief in kläglichem Tone: „Wohin soll ich ihn setzen?“ Gefasst erwiderte der Angesprochene: „Trag ihn hin, woher du ihn genommen hast!“ Diesen Worten folgte ein Blitz und Donnerschlag und der Mann mit dem Steine war verschwunden, man hat ihn auch seitdem nie wiedergesehen.



 
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