197. Die Marzebilla. E-Mail

(Grohmann, Sagen aus Böhmen. 1863, S. 114.)


In der Gegend von Preßnitz befindet sich ein Berg, Namens „Bartelwulfenberg“. Hier soll vor Jahren ein Schloss gestanden haben. Der Besitzer desselben hatte eine Tochter, die in ein Nonnenkloster ging. Hier hatte sie eine Liebschaft mit einem Ritter und kam zu Falle. Sie entfloh und starb im Elend. Seit dieser Zeit lässt sie sich nun im Kaiserwalde bei Preßnitz öfter sehen und ist allgemein bekannt unter dem Namen Marzebilla. Sie trägt an ihrer linken Hand einen Handschuh von Blech. Einmal soll ein Bauer aus Neudorf in den Wald gefahren sein, um Holz zu holen. Da blieb plötzlich sein Gespann stehen und konnte nicht weiter. Er sah sich um und erblickte auf dem hinteren Ende des Wagens ein altes Weib, das er an dem Blechhandschuh gleich als die Marzebilla erkannte. Sie bat ihn, sie mitfahren zu lassen. Allein der Bauer sagte, sie sei zu schwer und als sie nicht heruntersteigen wollte, schlug er sie so, dass sie herabfiel. Als aber der Bauer nach Hause kam, legte er sich ins Bett und starb nach acht Tagen. Der Leichnam aber war verschwunden. Erst nach einigen Jahren fand man beim Fällen alter Bäume ein Gerippe im Walde, das man an einem Amulett als das des Bauern erkannte.

Einige Schnitter mähten das Gras am Rande des Kaiserwaldes. Um Mittag, als im Dorfe geläutet wurde, erschien die Marzebilla und forderte die Arbeiter auf zu beten. Diese waren zu faul dazu. Als sie aber nachher zur Quelle gingen, um zu trinken, fanden sie Blut statt des Wassers. Einer von den Schnittern wollte sich besser überzeugen und stieß mit dem Stock in den Schlamm. Da erschien die Marzebilla, gehüllt in einen feinen Nebel, sprach eine Formel und die Schnitter verwandelten sich in Aschenhäufchen. Wenn Leute in den Wald gehen, um Beeren zu suchen, so erscheint ihnen oft die Marzebilla und führt sie in undurchdringliches Dickicht. Fluchen dann die Leute, so überlässt sie die Marzebilla

ihrem Schicksale, beten sie aber, so führt sie dieselben an fruchtbare Stellen, von wo sie den Heimweg leicht treffen.



 
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