239. Eines Schmied´s Tochter in Platten ist vom Teufel besessen. E-Mail

(Meltzer, Historia Schneebergensis, S. 1148-1153.)


Im Jahre 1559 hat sich zu Platten, der Schneebergischen Kolonie, wo damals noch alles evangelisch gewesen, ein Teufelsspiel geäußert, da der Satan eines Schmieds Tochter, mit Namen Anna, leibhaftig besessen und sie grausam gequälet, bis er wieder ausgetrieben worden. Bemeldete Schmieds Tochter hat sonst ein gutes Zeugnis gehabt, wie sie christlich, keusch und züchtig gelebt, zur Kirche gegangen, das heilige Sakrament oft gebraucht und die Evangelien mehren teils auswendig gelernt, aber doch wäre sie zu Fastnacht aus Verhängnis Gottes vom bösen Geiste besessen und darauf krank niedergeworfen worden. Zu

Ostern habe man die leibliche Besitzung des Teufels verstanden, nachdem der Satan aus der Jungfrau leibhaftig zu reden angefangen und in der Stube in der Gestalt eines Kuckucks, Rabens und einer Hummel sich sehen und mit solcher Vogelstimme sich hören lassen und je länger je mehr von Tag zu Tag wunderliche Dinge geredet, sonderlich bei dem großen Zulauf des Volkes von Einheimischen und Fremden. Und wenn der Name Jesus genannt worden, habe er sich in der Jungfrau Augen gesetzt und ihr dieselben wie große Henneneier aus dem Kopfe herausgetrieben, daneben die Zunge einer Spanne lang wie eine zusammengeflochtene Wiede zum Mund herausgestreckt und ihr das Angesicht auf den Rücken gewendet. Wenn sie einmal Ruhe gehabt und gefragt worden, wie es ihr ginge, habe sie kurz geantwortet, es dünke sie, als wenn sie stets auf einem Wasser läge und ertrinken solle, aber es kämen noch allewege fromme Leute und hülfen ihr davon. Einstmals habe der Teufel bekannt, dass die Jungfrau ihn zu Fastnachten in einem Trunk Bier unter einer Fliege Gestalt getrunken, nachdem er ihr zwei Jahre nachgegangen wäre. Ein frommer Mann, mit Namen Elias Hirsch, ist alle Nacht bei der Jungfrau gewesen, hat ihr vorgebetet und sie getröstet. Einstens habe der böse Geist zu ihm gesprochen: „Elias, tue einen Reihen oder Tanz mit mir, tanz vor oder tanz nach!“ Und da Elias geantwortet. „Du Schelm, du gehörest nicht unter die Menschen, mit ihnen zu tanzen, tanze in das höllische Feuer!“ So habe er wieder geantwortet. „So gehe hinweg, du wirst einen feinen Tanz sehen.“ Und indem er angefangen zu pfeifen, wäre eine Katze zur Stube herein, und ein Hund unter dem Tische hervorgelaufen, und diese hätten miteinander einen langen Tanz getan, bis die Katze wieder zur Stubentüre hinaus, und der Hund sich auch wieder verlaufen. Dergleichen seltsame Possen hätte der Teufel noch mehr angerichtet. Endlich aber ist er aus der Jungfrau durch der Priester und vieler frommen Christen Gebet und Seufzen getrieben worden und wie ein Fliegenschwarm zum Fenster hinausgefahren, nachdem er vorher von der Jungfrau ein Glied, dann einen Nagel vom Finger und zuletzt nur ein Haar begehret, gleichwohl aber nichts erhalten. Dabei hat er gesagt: „Alle, die nicht gern zur Kirche gehen wollen, selbst daheim lesen, zum Sakramente nicht gehen, im Fressen, Saufen und Wucher liegen, sind alle mein mit Leib und Seele. Und sofern diese Buße tun wollen, so will ich ausfahren.“ Zu dem mit anwesenden Geistlichen von Schlackenwerthe sagte er noch: „Und du Pfaff von Schlackenwerthe, vermahne die Deinen zur Buße, dahin fahre ich!“ Welches denn dieser Pfarrer seiner Gemeinde öffentlich auf der Kanzel auch angesagt mit Vermahnung zur Buße.


Der Teufel lässt sich hier in Gestalt eines Kuckucks, Raben, oder einer Hummel sehen und schließlieb fährt er wie ein Fliegenschwarm zum Fenster hinaus. Dass der sonst als Frühlingsbote erscheinende Kuckuck auch ein Teufelstier ist und als Teufel selbst auftritt, beweisen die Redensarten. „Das weiß der Kuckuck! Des Kuckucks werden! Der Kuckuck hat ihn hergebracht!“ Jedoch findet sich diese Vorstellung nur bei den Deutschen, bei den Slawen hat der Vogel nichts teuflisches (Grimm, Deutsche Myth., S. 393.) Auch der Rabe, einst dem Odin dienstbar und ein prophetischer Vogel, ist zum Höllentiere geworden, die Seelen der Verwünschten und bösen Geister nahmen oft Rabengestalt an. (Rochholz, Deutscher Glaube und Brauch, I. S. 156. Grohmann, Aberglauben und Gebräuche aus Böhmen und Mähren, S. 65.)

Dass der Teufel auch die Gestalt einer Hummel annimmt, erzählt uns ebenfalls eine Sage aus Thüringen. Da gingen Mann und Frau, Bruder und Schwester zu Haus heimlich in ein Haus und beteten den Teufel in einem Keller an, der kam in einer Hummel-Gestalt und flog jedem in den Mund. Und wer sich vor der Hummel neigte, dem ward viel Gutes. (Größler, Sagen der Grafschaft Mansfeld, S. 159). Eine andere Sage erzählt, dass auch der Kobold in Gestalt einer Hummel erschienen ist. (Größler, a. a. O., No. 87,) Der Teufel (Beelzebub) heißt Fliegengott. Märchen erzählen von teuflischen Geistern, die als Fliegen in einem Glase verschlossen sind. Der dem Bösen sich hinneigende nordische Gott des Feuers, Loki, verwandelt sich in eine Fliege. (Iac. Grimm, a. a. O., S. 559.)

Die nach unserer Sage einen langen Tanz aufführenden Hund und Katze sind hier ebenfalls bedeutsam. Die Katze, besonders die schwarze, gilt bald als Hexentier, bald als Hexe selbst oder ein verwünschter, böser Geist. Der anfänglich den Göttern geweihte Hund aber, dem auch die Gabe der Weissagung verliehen ist, wurde Bote und Hüter der Schatten in der Unterwelt. (Rochholz, a. a. O., I., S. 158.



 
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