255. Der Schwarzkünstler zu Geyer. E-Mail

(Lothar, Volkssagen und Märchen. 1820. S. 69. Darnach Gräße, Sagenbuch d. K. S., No. 450.)


Vor vielen Jahren ward zu Geyer ein Totengräber gefangen genommen und in einen Turm gesetzt, so dass er mit den Füßen die Erde nicht hat berühren können. Man glaubte nämlich früher, dass Zauberer und Hexen, wenn sie die Erde nicht mehr berühren könnten, unschädlich würden, und sperrte sie daher oft in eiserne Käfige ein. Der genannte Totengräber hatte seine Frau ermordet, ihren Mund mit schwarzen Beeren angestrichen, als sei sie an der Pest gestorben, alsdann ihr den Kopf abgeschnitten, das Herz aus der Brust genommen, verbrannt, solches auf die Straße ausgestreut und wer darüber gegangen, ist gestorben. Seines Kindes Kopf hat er an die Feuermauer gehängt, so viele Tropfen Blutes von ihm gefallen, so viele Menschen sind gestorben. Dann hat er die sterbenden Leute aufs Gesicht gelegt und ihr Sterben hat kein Ende genommen. Drei Ruten hat dieser Mann ausgesteckt, eine nach Annaberg, die andere nach Schweinitz, die dritte nach Alterle (Elterlein?). Zuletzt hat er erzählt, wie viel Glück er mit seiner Kunst in großen Städten gemacht habe. Er meinte, wenn er nur die Erde oder einen Kreuzweg oder eine Dachtraufe erreichen könnte, so wollte er sich schon die Freiheit verschaffen.


Blutstropfen sind Symbole für die Seele. Drei frische, auf die Hand fallende Blutstropfen zeigen einer Mutter den Tod ihres gemordeten Kindes an. (Grimm, Deutsche Sagen, No. 353) Jacob Grimm bemerkt (Deutsche Myth., S. 607), dass früher der Glaube verbreitet gewesen sei, eine Hexe könne sich verwandeln, sobald sie die Erde berühre. Eine Frau in Zittau, welche als Hexe galt, wurde, damit sie die Erde nicht berühre, im Stockhause frei aufgehängt. Ähnliches geschah 1678 in Bautzen mit einem Räuber und Mörder, der den Teufel hatte. (Pescheck, Gesch. v, Zittau, II, S. 746)



 
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