266. Der wunderliche Katzentanz. E-Mail

(Gräße, Sagenschatz d. K. Sachsen, No. 507.)


Am 1. Mai des Jahres 1726 ist ein gewisser zuverlässiger Mann im Erzgebirge von einem Orte zum andern gereist und am Abend bei düsterer Witterung bei einem Walde vorbeipassiert, da denn er sowie sein Begleiter, den er bei sich hatte, ein dem Anschein nach in einem Hause scheinendes Licht bemerkt, welchem beide in der Hoffnung, eine Herberge zu finden, zugelaufen. Nachdem sie aber näher und näher gekommen, hören sie eine zum Tanz gehende Musik, und der eine von ihnen geht aus Neugierde ans Fenster und wird durch selbiges gewahr, dass eine große Anzahl Katzen darin zu finden, davon etliche musizieren und die andern darnach tanzen. Sein Begleiter beschließt nun, in das Haus hineinzugehen, wird aber von dem andern davon abgehalten, und jetzt nimmt einer von ihnen wahr, dass seine große Hauskatze ebenfalls dabei anzutreffen. Aus Entfetzen gehen beide fort und kommen in spätester Nacht nach Hause. Als nun des andern Tags zu Mittag sich die große Hauskatze bei der Mahlzeit in der Stube einfindet, spricht ihr Hausherr, sie anschauend: „Nun, du machtest dich gestern abend auch sehr lustig!“ Da springt ihm alsbald der alte Kater auf den Hals und kratzt ihn in den Kopf und das Gesicht, hätte ihn auch sicherlich getötet, wofern nicht das Hausgesinde herzugelaufen und mit Schlägen und Schreien diesen verteufelten Feind abgetrieben.


Diese Sage hat viel Ähnlichkeit mit der vom sogenannten Katzenberge zwischen Leipzig und Merseburg. Um die Mitte des 16. Jahrh. ist nämlich ein Bischof von Merseburg, namens Michael, ein großer Katzenfreund gewesen und hat eine große schwarze Katze besessen. Dieser Bischof ist einst nach Leipzig gereist und hat auf dem oben genannten Hügel, der nachher davon seinen Namen bekam, eine ganze Katzengesellschaft angetroffen. Er rief derselben im Scherze zu: „Ihr Katzen, seid ihr alle beisammen?“ Da hat eine geantwortet: „Es mangelt keine, ausgenommen Bischof Michael seine Katze.“ Bei seiner Rückkehr erzählte er seiner Katze die wunderliche

Begebenheit und fragte zugleich, warum sie den andern Katzen nicht Gesellschaft geleistet? Alsbald fuhr die Katze zum Fenster hinaus und ist nicht mehr gesehen worden. Katzen sind Hexentiere, sie bilden entweder das Gespann der Hexen, oder diese nehmen die Gestalt jener Tiere an.

Auf der Brüßlerstraße zu Dendermonde liegt ein Haus, worin sich ehedem eine Brauerei befand. Hier diente Hans Zimmermann als Knecht. Da er sein Handwerk sehr gut verstand, so konnte er nicht begreifen, warum das erste, zweite und dritte Gebräu misslang. Nun hatte er aber bemerkt, dass jedes Mal, wenn er am Brauen war, eine Katze rund um den Kessel lies. Als er sein viertes Gebräu begann, und die Katze wieder miauend um den Kessel strich, redete er sie in der Überzeugung an, dass sie eine Hexe sei, er bekam zwar nur ein Miau zur Antwort, worauf sie weglief, aber bald mit einem Dutzend Katzen wieder zurückkam, die fassten sich Pfote an Pfote und begannen einen Tanz um den Kessel, wobei sie unaufhörlich sangen: „Hansken Temmermann vroeg aen my: Katze, van wear kom drgy?“ (Hänschen Zimmermann mich frug: Kätzchen, woher kommst denn du?) Da wurde Hans böse, füllte einen Eimer mit dem kochenden Bier und goss das über die Katzen hin. „Miau! Miau!“ schrieen alle und verschwanden, das Gebräu aber glückte. Am andern Morgen jedoch sah man im Rochusgäßchen sechs Frauen mit verbrannten Gesichtern tot auf der Straße liegen. Da blieb kein Zweifel mehr, wer die Katzen gewesen waren. (Nork, Sitten und Gebräuche der Deutschen, S. 556.) Eine ähnliche Sage erzählt Leibing (Sagen und Märchen des bergischen Landes, No. 64). Nach ihm verwundete ein Brauknecht zwei Katzen, die eine am Ohr und die andere büßte eine Pfote ein, am andern Tage hatte die Frau des Braumeisters ein zerschmettertes Ohr und eine andere Frau in der Nachbarschaft hatte ein Stück eines Fußes eingebüßt. Auch Jacob Grimm weist in seiner Deutschen Mythologie (S. 623) daraus hin, dass viel von verwundeten Katzen erzählt wird, die man hernach an verbundenen Weibern wieder erkannte. Ebenso fehlen auch die gleichen Überlieserungen der slawischen Sage nicht. Zu einem Bauer in Saspow in der Nieder-Lausitz kam oft eine graue Katze in den Stall und das Vieh wurde krank. Als diese Katze mit einer Düngergabel in den Hals gestochen wurde, sprang sie weg. Am andern Tage hatte eine Frau im Dorfe mehrere Löcher im Halse, diese war die Hexe. - Ähnliches geschah in der Mühle bei Leipa im Spreewalde, wo viele Katzen des Nachts einen fürchterlichen Spuk trieben, bis endlich der zu Hülfe herbeigezogene Scharfrichter mit dem Messer eine Katze in die Pfote schnitt. Am andern Tage hatte die Frau des Amtmanns im nächsten Dorfe eine kranke Hand und es hieß, sie habe sich geschnitten. (Veckenstedt, Wendische Sagen, S. 281 und 292.)



 
< zurück   weiter >