439. Wallfahrten nach Freiberg zu einem wächsernen Marienbilde. E-Mail

(Moller, Theatrum Freibergense Chron. II, S. 20.)


Anno 1262 haben die Geißler in großer Zahl das Land Meißen durchlaufen und sich dieses Jahr in der Stadt Freiberg befunden, dahin damals eine starke Wallfahrt zur schönen Marie gewesen. Diese Leute sind halb nackend je zwei und zwei barfuss gegangen, in roten offenen Mänteln, die man spanisch Armilausen genannt.

Das Marienbild war von Wachs in menschlicher Größe ganz

schön und zierlich gestaltet und stand in einer besondern Kapelle. Die Leute kamen von allen Orten heftig gelaufen, als wenn sie bezaubert wären, und was ein jedes von Männern und Weibern von seiner Arbeit in der Hand gehabt, wenn ihn die Tollheit angestoßen, das hat er mit sich genommen und allda gelassen, wie auch viel krumme, lahme und andere preßhafte Menschen, die sich zu diesem Bilde verlobet, gesund geworden und ohne Mangel wieder davon gegangen sein sollen.

Diese Wallfahrt hat lange Zeit gewährt, bis man erfahren, dass unter dem Schein des Heiligtums ein böses sodomitisches Leben und viel Schande und Laster getrieben wurde, worauf durch einen fürstlichen Befehl dem Gelaufe und den Zusammenkünften gesteuert wurde und solche mit Ernst abgeschafft worden sind.



 
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