689. Das Goldschiffchen in der Kirche zu Ebersdorf. E-Mail

(Nach Ziehnerts poet. Bearbeitung bei Gräße a. a. O., No. 560.)


Unter den Reliquien der Kirche zu Ebersdorf befindet sich ein Schiffchen von Holz, welches aus dem 14. Jahrhundert stammt und bei folgender Gelegenheit dort aufgehängt worden ist. Ein gewisser Junker Wolf von Lichtenwalde (?) war ins gelobte Land gezogen, um dort gegen die Sarazenen zu kämpfen, er hatte alle Gefahren und Anstrengungen des Krieges glücklich überwunden und kehrte jetzt mit Schätzen beladen nach seinem Vaterlande zurück, wo ihn eine liebende Braut erwartete. Siehe, da begab es sich, dass das Schiff, auf dem er nach Venedig segelte, von einem furchtbaren Sturme überfallen ward, keine Geschicklichkeit des seekundigen Kapitäns, noch die übermenschlichen Anstrengungen der Mannschaft vermochten dem Andrange der wütenden

Elemente zu widerstehen und jeder sah dem Untergange des Schiffes in nächster Zeit entgegen. Da sank der sonst so mutige Kreuzfahrer in wilder Verzweiflung auf die Knie und gelobte der heiligen Jungfrau zu Ebersdorf, dass, wenn sie ihn aus dieser Todesnot befreien und glücklich in sein Ahnenschloss zurückkehren lassen werde, er ihr ein Schiffchen ganz mit gutem Gold gefüllt als Opfer darbringen wolle, und solle er auch sein ganzes Eigentum dabei aufwenden. Und siehe, fast augenblicklich legte sich der Sturm, die Wogen glätteten sich und ein günstiger Wind trieb das Schiff schnell und glücklich in den sichern Hafen. Der Ritter vergaß aber nach seiner glücklichen Heimkehr sein Gelübde nicht, er ließ von einem geschickten Künstler ein Schiffchen anfertigen, füllte es mit Gold an und hing es zum ewigen Andenken in der Kirche zu Ebersdorf am Altare der hl. Jungfrau auf. Zwar hat die Lichtenwalde Gutsherrschaft nach der Reformation sowohl dieses Gold als auch alle andern Kostbarkeiten und Nutzungen der Kirche an sich genommen, nachdem sie die Verpflichtung eingegangen war, dieselbe in allen Baulichkeiten zu unterhalten, ja, sollte sie einmal abbrennen, ohne Zutun der Gemeinde und des Kirchenärars aus ihren Mitteln wieder aufzubauen, allein das Schiffchen ist heute noch zu sehen.



 
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