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     „Karl, du wirst doch nicht...“

     „Mutter, fragt mich nicht um Dinge, die ich nicht beantworten kann, aus dem einfachen Grunde, weil ich nicht will, daß Ihr, wenn euch Jemand fragt: wo ist denn Euer Karl? Was treibt er denn? Wegen mir eine Lüge sagen sollt. Eins haltet fest, Mutter, und macht euch das zum Troste: Euer Karl wird nie die Hand zu einer schlechten Tat reichen. Ihr kennt mich, ich bin kein Schelm, dem's Prahlen zur zweiten Natur geworden ist. Mein Wort ist wahr, denn ich halte die Lüge für die größte Schande des Mannes.“

     „Das weiß ich, du bist ein rechtschaffenes Herz, Karl, aber was soll denn nun geschehen? Hier bleiben kannst du doch nicht.“

     „Will ich auch nicht, sondern kam nur her, um mein Jagdzeug und meine Pikesche zu holen, euch zu sehen, und von euch etwas von Marie zu hören.“

     „Von Marie?“ Rief die alte Frau erstaunt, die Hände zusammenschlagend. Du mein Herrgott, davon weißt du nichts, daß sie heute Hochzeit mit dem Thumer macht?“

     Das gesunde braune Gesicht Stülpners erbleichte so plötzlich, daß er so fahl und bleich wie eine Leiche wurde. Er schien allen Halt in sich verloren zu haben, denn er taumelte wie im Rausche an die Wand und starrte planlos vor sich hin.

     „Ach, mein Heiland! Karl, was ist dir denn?“ Schrie die alte Mutter im höchsten Schreck, als sie diese Veränderung bei ihrem Sohne sah.

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