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Was brauchen die Leute zu wissen, wie lieb ein Sohn seine Mutter hat! Lebt wohl und behüte euch Gott, daß ich euch, wenn ich wiederkomme, gesund finde. - - - Lebt wohl! -“

     „Sie hielt die ihr von ihm gebotene Hand fest und sagte: „Karl, ich hätte noch eine Bitte an dich.“

     „O, sagt nur, Mutter. Was ist's denn?“

     „Erinnerst du dich noch, was Dein seliger Vater, wenn er's Gesangbuch aufschlug, allemal für ein Lied uns vorlas?“

 

     „Ja, antwortete Karl leise, als fühle er Furcht. „Nun sieh', mein Sohn, ich bin eine alte Frau und wenn ich so in meiner Einsamkeit das und jenes denke, kommt mir auch der Gedanke, ob dein Karl des guten seligen Vaters Lieblingsliedes sich noch erinnert? Und da es ein so schwerer, mich ängstigender Gedanke ist, wollte ich dich bitten, daß du es jetzt, ehe du von mir gehst, mit mir lesest.“

     Die Bitte überraschte den Raubschützen außerordentlich, sie fiel ihm wie ein Stein aufs Herz, denn in seinem Grimme hatte er ans Gebet seit Jahren nicht gedacht. Der Mutter es abschlagen, war unmöglich, der alten guten Frau ganzes Herz hängt daran, und verweigerte er, das Lied zu lesen, so war sie gewiss noch viel unglücklicher, als wenn sie Hunger und Kummer leiden sollte. „Gebt das Gesangbuch her, Mutter,“ sagte er.

      Ein Freudenstrahl flog über das verhärmte Gesicht des Weibes, sie lief nach dem Schranke, holte das in

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