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Schwer fiel ihm der Gedanke an seine kranke Mutter aufs Herz, sie war den Misshandlungen seiner Verfolger nun preisgegeben und diese Überzeugung trieb ihm Tränen der Wut ins Auge. Mit dem besten Willen konnte er ihr nicht helfen, wollte er sich nicht selbst in den gewissen Untergang stürzen. Plötzlich entrang sich ein Zornschrei seinem Munde. Woran er in der Gewalt der Überraschung nicht gedacht hatte, das kam ihm jetzt zu Sinne und lahmte wie ein ungeheurer Schreck seine Füße, so daß er wie angewurzelt stehen blieb.

     Der Brief Mariens war eine Falle für ihn gewesen. Das stand jetzt klar vor seinen Augen. Durch welche Künste man sie dahin gebracht, oder ob sie freiwillig sich zu seiner Verräterin erboten, das war ganz gleich... er zitterte unter der Wucht dieses entsetzlichen Gedankens. Nie hatte er ein so gewaltsam ihn gleichsam zusammenbrechendes Gefühl empfunden. „Marie konnte mich verraten!“ stammelte er vor sich hin. „O du heiliger Gott, in welchem Menschenherzen soll denn da noch Treue und Rechtschaffenheit wohnen, wenn die Besseren das schändliche Gewerbe des Ischariots ergreifen?“

Langsam wie vernichtet ging er der Griesbach zu. Es war weit nach Mitternacht, als er dort bei Koller Gottfried ankam, der unterdes seinen Büchsenkolben nach Kräften wieder in Stand gesetzt hatte.

     „Dir ist wohl der höllische Jäger erschienen, Kamerad? Du siehst ja aus wie einer, dem's kalte Fieber schon vier Wochen lang herumgebeutelt,“ fragte Gottfried, einen von den Gesellen der Raubschützengesellschaft Stülpners.

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