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     „Meines guten Engels!“ Rief Stülpner erschüttert... „ja, du bist wahrhaftig mein guter Engel! Ha! Und dich, an deren Seite ich ein fröhlicher Mensch, ein guter Bürger des Staates geworden wäre, ein treuer Beamter, dich hat der Verfluchte mir entrissen. Für dies Verbrechen ist auch der Tod zu wenig.“

     Eine Pause folgte.

     Frau Marie Peters, in dem linken Arm ihr ruhig fortschlummerndes Kindlein haltend, ergriff endlich seine Hand. Es wurde kein Wort zwischen Beiden gewechselt, sie schauten sich schweigend in die Augen, aber dies schweigsame Schauen vollendete bei dem starken Manne den großen und tiefen Eindruck, den fein ihr Gegenüberstehen bereits bei ihm bewirkt hatte. Sie bemerkte, wie ein leises Zittern durch seinen Körper lief, wie seine Lippen bebten. Diesen Moment seltener Rührung bei ihm durfte sie nicht ungenützt vorübergehen lassen.

     „Karl,“ hob sie an... „hast du nie gehört, daß Menschen sich vor dem Altare Gottes, das wir als die reinste und heiligste Stelle uns denken, durch einen Eid zu der oder jener großen Tat verpflichteten?

Ja, ja, du hast es gehört. Sieh', mein schlafendes Kindlein ist ein solcher heiliger und reiner Altar. Noch kein sündhafter Gedanke hat diese dämmernde Seele berührt, heilig ist sie noch, wie sie aus Gottes Hand hervorging, und darum ein Altar, an dem Du Heiliges geloben kannst. Hier bei dieser reinen Kindesseele, die einst auch aufblühen wird zu einem freudigen Leben, schwöre, daß du nie Rache an dem Gerichtshalter üben willst. Schwöre es auf das Leben meines Kindes.

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