212. Der Kobold zu Lauter. E-Mail

(Chr. Lehmann, Hist. Schauplatz, S. 949.)


Im Jahre 1695, kurz vor Weihnachten, ereignete sich zu Lauter in einer Schenke bei einem Fleischhacker in der Kammer, wo er mit seinen Kindern geschlafen, von ungefähr 9 bis 11 Uhr abends, und von 1 bis 3 Uhr nach Mitternacht, bei der Kinder Bette ein Kratzen, welches sie in der Ruhe merklich störte. Anfänglich hielt er´s für eine große Ratte und hat fleißig aufgestellt, aber nichts gefangen. Mit der Zeit hat´s auch angefangen so laut zu pochen, dass man´s im Keller hat hören können, und hat den Kindern keine Ruhe gelassen. Ein Knabe von zwölf Jahren hat fleißig gebetet und zu ihm gesagt: „Lass mich doch in Ruhe, wenn du nicht mit beten willst, auch nicht beten kannst, so gehe deiner Wege!“ Und ist dabei unerschrocken gewesen. Im Januar 1696 hat ein Kind von ohngefähr ein Band in den Händen mit ins Bette genommen, welches das Ungetüm dem zulaufenden Volk, durch ein Astloch der Decke herab ins Haus steckend, gezeigt und damit gespielt, wenn es jemand hat ergreifen wollen, ist´s entwischt und bald zu einem andern Loch auf solche Weise herunter gehangen worden. Gedachter Fleischhacker hat dabei sein Geld aus einem verschlossenen Kasten vermisset und ist dazu gekommen, dass es eine ganze Bürde Wäsche

bis an die Kammertür gebracht, welche er noch rettete. Der Schulmeistersubstitut des Ortes unterstand sich das Ungeheuer zu fragen, da es denn viel geredet, in einem Tone, wie ein zarter Knabe oder eine Weibsperson, es ist auch zornig auf ihn geworden, dass es ihn hinein in die Kammer gefordert, wohin er sich jedoch nicht getraute, sondern ist in der Tür stehen geblieben. Hernach haben auch andere ihren Fürwitz gebüßt und allerlei gefragt: Unter andern, ob es von einer gewissen Person dahin gebannet wäre, da es denn mit Ja geantwortet. Als am 19. Januar die Wirtin eines Kindes genesen, und am 20. darauf das Taufmahl gegeben wurde, wobei sich auch nebst den Gevattern der Pfarrer und andere Leute befunden, ist weiter nicht das geringste gehöret worden.


Es ist bereits in der Einleitung zu diesem Abschnitte daraus hingewiesen worden, dass die Kobolde als unselige Geister erscheinen, welche nicht beten können. Als der Bauer dem Kobolde in Schmalzerode vorbetete und an die Worte kam: „Das Blut Christi,“ setzte der Kobold an und sprach: „das Blut - das Blut -“, dann sprang er verdrießlich auf, stampfte mit dem Fuße und rief: „Ach was, das Blut zicke, zacke,

zicke, zacke!“ bleckte die Zähne und lief aus der Stube und ist nicht wieder gekommen. (Größler, Sagen der Grafschaft Mannsfeld, Nr. 32.)

In einigen Sagen erscheinen die Kobolde sogar mit teuflischen Zügen. So nahm ein Kobold in Kloster Mannsfeld seinen Weg durch den Schornstein, als er einer Frau während des Gottesdienstes Speisen und Getränke brachte, er war dabei wie helles, loderndes Feuer anzusehen. Im Dorfe Wettelrode trug eine alte Frau Kobolde zum Verkaufe, wer einen solchen gekauft hatte, der musste seinen Namen mit dem eigenen Blute in ein Buch schreiben, welches die Frau bei sich hatte. (Größler, Sagen der Grafschaft Mannsfeld, Nr. 146 und 201.) Die zum Verkaufe ausgetragenen Kobolde erinnern übrigens an die Bilder von Hausgöttern (S. die Einleitung), Kobolde waren wie letztere klein, denn der Kobold (vom wälschen cob, der Daumen) ist ein Däumling.



 
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