537. Die Entstehung von Jahnsbach bei Thum. E-Mail

(Dietrich und Textor, Die romantischen Sagen des Erzgebirges, 1822,

I, S. 134 ec. Ziehnert, Sachsens Volkssagen, Anhang, Nr. 41. Gießler, Sächs. Volkssagen, Stolpen o. I., S. 105.)


Ein Wandersmann, mit Namen Jahn, irrte bei Nacht in der Gegend des Greifensteins im Walde umher. Da trat ihm plötzlich eine zwerghafte Geistergestalt entgegen und winkte, ihm zu folgen. Nicht ohne Grausen folgte Jahn. Über Stock und Stein führte ihn der Zwerg, bis sie endlich an eine Höhle kamen, die sich, sobald sie eintraten, mächtig erweiterte und ein prächtiges Ansehen gewann. Die Wände waren von Silber, die Tische und Stühle von Gold. Tausend kristallene Leuchter mit langen Kerzen verbreiteten einen blendenden Glanz über das ganze Gewölbe. Zwölf Männer in stattlichen Rittergewändern und mit langen Bärten saßen an einer Tafel und speisten. Der Zwerg lud den erstaunten Jahn ein, sich zu setzen und am Mahl teilzunehmen. Der Hunger besiegte die Schüchternheit, - Jahn setzte sich und aß und trank von dem, was ihm der Zwerg bot. Noch nie hatte er so köstlich getafelt, er ward erquickt und allmählich getrosten und frohen Mutes. Die zwölf schienen sich über ihn zu freuen und geboten dem Zwerge, sein Ränzel zu füllen. Mit herzlichem Danke schied Jahn von seinen gastfreien Wirten. Der Zwerg führte ihn aus der Höhle,

welche, wie Jahn jetzt bemerkte, im Greifensteine war, und geleitete ihn auf die Straße, welche nach Böhmen führte und auf welcher Jahn sich nicht mehr verirren konnte. Dann verschwand er.

Als nun Jahn sein Ränzel auspackte, um zu sehen, womit ihn die freigebigen Geister beschenkt hatten, da fand er in demselben eine ziemliche Anzahl Barren gediegenen Goldes und Silbers. Voller Freuden gelobte er, dasselbe recht gut anzuwenden. Er baute also in der Gegend des Freiwaldes bei Thum mehrere Häuser, welche er armen Leuten ohne Mietzins überließ, und tat auch sonst allerlei Gutes an Kranken und Armen. Später, als die Zahl jener Häuser sich vermehrte und ein ganzes Dorf daraus entstand, ward dasselbe ihm zum Andenken Jahnsbach genannt.



 
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