206. Der Wassermann stickt. E-Mail

(Grohmann, Sagen aus Böhmen, S. 162.)


Bei Seestadtl am Fuße des Erzgebirges liegt an der Straße ein großer Teich, welcher durch einen breiten, mit Gebüsch bewachsenen Damm eingeschlossen ist und der „Steinteich“ genannt wird. Bei diesem Teiche soll sich ein Wassermann öfter am Ufer sehen lassen. Gewöhnlich stickt er dann seine Kleider. Nach dem Glauben der Landleute steigt er immer nur während des Mittagsläutens ans Ufer, setzt sich am Fuße des Dammes hart am Wasser nieder und flickt. Wer ihn verspottet, der wird von ihm ins Wasser hinabgezogen, bloß demjenigen, welcher des Morgens vor dem Ausgehen gebackene Semmelschnitte verzehrt, kann er nichts anhaben. Hat einer den Wassermann beleidigt und keine Schnitten gegessen, so nutzt ihm selbst das Hersagen des Spruches nicht mehr:

„Wassermann plump,

Zieh mich nich in Tump,

Zieh mich nich zu tief nei´,

Dass ich nich stecken blei´.“

Der Wassermann ist immer schlecht gekleidet. Sein alter zerdrückter Hut ist voll großer Löcher, durch welche oft Büschel struppiger, grüner Haare herausragen. Sein Gesicht ist mit einem starken Barte bewachsen, und wenn er seinen Mund öffnet, erblickt man seine großen grünen Zähne. Sein Rock sowie seine Hosen sind immer zerrissen und kotig, und er flickt daran, so oft er ans Ufer steigt. Hat er jemandem nachgestellt und ihn unters Wasser gezogen, so lässt er sich lange nicht sehen.

Eines Morgens trug ein Bauernmädchen Gemüse hinauf nach Eisenberg, und nahm, um zuzustrecken, ihre Richtung über den Damm. Sie war fast hinüber, als sie unten am Damme einen alten Mann sitzen sah, der an einem zerrissenen Rocke flickte und ihr zunickte. Das Bauernmädchen, welches eben nicht an den Wassermann dachte, gab ihm einen Schimpfnamen, worauf sich der Wassermann erhob und seinen Mund öffnete. Die Bäuerin erschrak und lief, so schnell es ihre schwere Last erlaubte, über den Damm hin, der Wassermann hinter ihr drein. Trotz ihres Schreiens sprang er auf den Korb, den sie auf dem Rücken trug und fasste sie beim Halse. Vor Todesschrecken

rief sie: „Jesus Marie !“ Und sogleich war der Wassermann verschwunden. Das Mädchen kam halbtot im Schlosse an und wurde noch dazu ausgelacht, als sie vom Wassermann erzählte. Nach 3 Tagen starb sie und alle Leute waren fest überzeugt, dass daran nur die Berührung des Wassermanns schuld gewesen sei.


Der Nix hat hier grüne Zähne und Haare. Bereits in der Einleitung zu diesem Abschnitte wurde darauf hingewiesen, dass grün eine dämonische Farbe ist. Eine erzgebirgische Sage erzählt von einer grünen Frau am Kahleberge bei Altenberg. Dämonisch wird die verzauberte, ein Schlüsselbund tragende und Schätze hütende Jungfrau des Hausberges in der Grafschaft Mannsfeld, sie erscheint ganz grün gekleidet (Größler, a. a. O., No. 59), in Grün gekleidet waren auch die Hexen bei ihren Tänzen, und auf dem Blocksberge erschien der Teufel grün, der deshalb auch der „Grüne“ genannt wird. (Österreich. Touristenzeitung 1881, No. 5.)

Wie der Wassermann bei Seestadtl flicken auch Nixe in der Niederlausitz ihre Kleider, ja ein Nix in einer grundlosen Lache bei Buckow bittet Vorübergehende um einige Lappen und Flecken. Ein Nix in einem Teiche bei Wintsdorf besserte seine Schuhe aus. (Veckenstedt, Wendische Sagen, S. 187-198.)



 
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