290. Die Teufelswand bei Blauenthal. E-Mail

(Erzgebirgische Anzeiger, Schneeberg 1803, S. 322 ec.)


Die granitene Teufels- oder Steinwand liegt zwischen Eibenstock und Blauenthal am linken Ufer der Bockau, ohngefähr 1000 Schritte von dem Punkte, wo sich dieses Wasser in die Mulde ergießt. In dieser Teufelswand befindet sich eine Höhle, von welcher die Sage folgendes erzählt: Als die Menschen in allerhand Laster verfielen, verlor sich auch der allgemeine Wohlstand und drückende Armut folgte. Um aber das Elend zu vollenden, hatten sich zehn reiche Bösewichter vereinigt, alle gute und gangbare Münzen, deren es damals bei weitem nicht so viel gab, als heut zu Tage, an sich zu bringen, damit in fremde Länder zu ziehen, sie daselbst mit jüdischem Gewinne gegen schlechte umzutauschen, diese ins Land zurück zu schaffen und nach und nach unter die Leute zu bringen. Dies gelang ihnen auch und zwar noch besser, als sie gehofft hatten.

Einst fuhren sie auch mit einem Wagen Geld den böhmischen Wald hinan und gedachten noch vor Einbruch der Nacht eine Herberge zu erreichen. Da zogen von Norden herauf finstere, schwere Gewitterwolken, der Sturm sauste durch die hohen Fichten und riss so manchen Stamm mit seinen Wurzeln aus dem Boden. Die Reisenden konnten unmöglich weiter kommen und suchten deshalb ein nahes Obdach. Bald

kam einer von ihnen mit der Botschaft zurück, dass er unfern der Straße auf einer Anhöhe ein unbewohntes Schloss gefunden habe, in welchem sie wenigstens das Gewitter abwarten könnten. Sie ließen ihre Knechte bei dem Wagen und begaben sich an den bezeichneten Ort. Die Burg mochte schon lange von niemandem bewohnt gewesen sein, denn nur noch ein einziges Zimmer schützte unsere Reisenden vor dem herabstürzenden Regen. Sie setzten sich an eine halbvermorschte Tafel und nahmen die nötige Speise zu sich. Plötzlich tobte der Sturm noch schrecklicher, heftiger ergoss sich der Regen, dreifach durchkreuzten sich die Blitze und dreimal krachte der Donner. Im Nu stürzten die Mauern der Burg zusammen und ein gespaltener Felsen stieg aus ihren Trümmern empor.

Unten am Wege aber lagen die von den Donnerschlägen betäubten Knechte unter dem Wagen, und sie erholten sich erst, als der Mond wieder die Wolken zerteilte. Mit Schrecken sahen sie nun, dass das Geld vom Wagen verschwunden war. Eben mochte die Mitternachtsstunde geschlagen haben, als eine lichte Gestalt sich dem Wagen näherte und durch langsames Winken den zitternden Knechten befahl, zu folgen. Sie taten es und kamen an einen hohen Felsen. Von selbst sprang eine steinerne Tür auf, und sie traten in ein Gewölbe, wo ihre Herren an einer Tafel saßen und Geld zählten. Keiner sah sich um. Da sagte die Gestalt zu den Knechten folgende Worte: „Gehet hin und erzählt, was Ihr gesehen habt. So lange sind diese zehn Unholde verdammt, Geld zu zählen, bis einst ein Mann geboren werden wird, der zehn Armen ohne Eigennutz Wohltaten erzeigt. Diesem sei es vergönnt, wenn er mit dem Kraute, welches Lunaria heißt, den Felsen berührt, dieses Gewölbe zu öffnen und alles vorhandene Geld mit sich zu nehmen.“ Die Gestalt verschwand, und die Knechte lagen wieder unter ihrem Wagen.

Zu Zeiten soll ein großes Getöse in der Teufelwand gehört werden, welches sich seit einigen Jahren sehr vermehrt haben soll.



 
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