299. Der Tümpelstein bei Klösterle. E-Mail

(Fr. Bernau in der Comotovia, 4. Jahrg., S. 79.)


Der Tümpelstein ist ein großer, unterhalb Klösterle in den Egerfluß vorspringender Felsen. Sein Inneres enthält der Sage nach ungeheuere Schätze, die von verwunschenen Rittern bewacht werden, nur am Karfreitage während des Gottesdienstes ist der sonst unsichtbare Eingang offen, und die angehäuften Schätze sind sodann den Menschenkindern zugänglich.

Eine Mutter mit ihrem Kinde ging gerade am Karfreitage an dem Felsen vorbei und erblickte in der offenen Höhlung geschäftige Männchen, die ein Festmahl vorrichteten und ihr winkten, einzutreten und von den Schätzen zu nehmen. Die Frau trat schüchtern ein, setzte das Kind auf den Boden nieder und begann eifrig ihre Schürze mit Goldbarren und Edelsteinen UN füllen, als sich, da der Gottesdienst in der Kirche schon zu Ende war, das Felsentor mit großem Getöse wieder schloss. Die Frau musste nun ein ganzes Jahr im Felsen zubringen, während welcher Zeit das Kind kräftig und stark wurde. Am nächstfolgenden Karfreitag konnte die Frau frisch, gesund und mit Schätzen beladen nach Hause ziehen, von ihr erfuhr man auch, dass die Wächter, sobald der Eingang sich geschlossen, zu Stein verwandelt wurden.

Einst pflügte am Karfreitage ein Bauersmann in der Nähe des Felsens, erblickte ihn offen und sah darin allerlei Gestalten, die Vorbereitungen zu einer Hochzeit machten. Im Vorbeigehen rief er hinein: „Backet mir auch einen Kuchen mit!“ Er ackerte dann rüstig bis zum Mittag fort, dann spannte er aus, gab den Ochsen zu fressen und nahm auch selbst sein mitgebrachtes Mittagsmahl ein. Schon hatte er eine Weile still gesessen, als ein winziges Männlein erschien und die bestellten Kuchen auf den Pflug legte. Der Bauer, eine Vergiftung fürchtend, hatte nicht den Mut, die Kuchen selbst zu verzehren, er zerbröckelte sie und fütterte seine Ochsen damit. Als er damit fertig war, erschien jenes Männlein wieder, drohte ihm mit dem Finger und sagte: „Weil du unsere Kuchen verschmähst, die du selber bestellt hast, so soll für diesen Undank deine Wirtschaft kein Glück und keinen Segen mehr haben.“ Und diese Prophezeiung ging wirklich in Erfüllung, den Bauer traf Unglück über Unglück, er musste endlich das Haus mit den Feldern verkaufen und wurde ein armer Mann.



 
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