265. Die Hexen am Walpurgisabende. E-Mail

(Spieß, Aberglaube ec. im Erzgeb., Progr., S. 13, z. T. mündlich.)


Am Walpurgisabende, dem Abende vor dem 1. Mai, zünden überall im Erzgebirge Knaben auf hochgelegenen Punkten Besen an und springen damit herum, es wird geschossen, geschrieen, mit Peitschen geknallt und mit Brettern zusammengeschlagen, um ein rechtes Getöse hervorzurufen. Dies geschieht, um den Hexentanz darzustellen, oder, wie allgemeiner behauptet wird, um die zum Blocksberg ziehenden Hexen zu vertreiben. Am Walpurgisabende ziehen auch die Hexen ein, und man muss daher Besen oder landwirtschaftliche Geräte vor die Stalltüre legen, um sie abzuhalten. In Neustädtel erzählt man: Als Karl der Große die alten Sachsen vom Brocken oder Blocksberg jagen wollte, kamen die Hexen und allerhand Gespenster mit glühenden Besen und auf Ziegenböcken geritten, um ihn zu vertreiben.


Walpurgis, welche in der Mitte des 8. Jahrh. lebte und eine Tochter des Königs Richard von England war, wurde später heilig gesprochen und als Beschützerin gegen den Bosheitszauber verehrt. Die angezündeten Feuer sind die Opferflammen für die Frühlingsgöttin Ostara, das Umherspringen ist ein Rest der alten religiösen Tänze, die Hexen, welche in der Walpurgisnacht eine so große Rolle spielen, sind die weisen Frauen, welche Kräuter kochten und, mit dem Priesteramt bekleidet, als „Alrunen“ in dem germanischen Götterkultus auftreten. Sie versammeln sich in der ersten Mainacht auf dem Hörfel- und Inselberge in Thüringen, auf dem Stoffelsteine bei Bamberg und an vielen anderen Orten, besonders aber auf dem Blocksberge im Harz. In Schweden war ihr Sammelplatz die kleine Felseninsel Blakulla, zwischen Oeland und Smaland gelegen, dorthin reisten sie aber am grünen Donnerstage. Die Böcke, mit denen nach unserer Sage die Hexen nach dem Blocksberge ziehen, sind die Opfertiere.

Vor dem Eintreten der Hexen schützen drei Kreuze an der Stalltüre oder die Buchstaben C. M. B. (Kaspar, Melchior, Balthasar, nach der Legende die Namen der heiligen drei Könige), oder man legt einen alten Besen oder ein Stück frischen Rasen vor die Türschwellen.

Es mag schließlich noch daraus hingewiesen werden, dass der Glaube an Hexen in den indischen Cakini Dakini und Yegini welche kraft mythischer Zaubersprüche des Nachts durch die Lüfte reiten und ihre Tänze abhalten, eine Parallele findet. Es ist demnach die Vorstellung von weiblichen Unholden bereits der indogermanischen Urzeit eigen, und so mag vielleicht unserm Worte „Hexe“ die Wurzel, cak mächtig sein, zu Grunde liegen. (Fr. Hirsch, Gesch. der Deutsch. Litteratur, I., S. 6,)



 
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