802. Der Streittag der Freiberger Bergleute. E-Mail

(Gießler, Sächs. Volkssagen (Stolpen o. I.), S. 271.)


In Freiberg kehrt alljährlich am Tage Maria Magdalena, den 22. Juli, ein besonderer Bergfeiertag wieder, an welchem vormittags im Dome eine große Kirchenparade der Bergleute und eine Bergpredigt abgehalten wird. Bei Gelegenheit im Jahre 1737 angestellter Erörterungen ergab sich, dass die Freiberger Bergleute bis dahin den Maria Magdalena-Tag angeblich seit länger als 200 Jahren am sogenannten Hungerborne gefeiert hätten, woselbst sogar zu Zeiten gepredigt worden sein sollte. Dieser Brunnen, welcher wegen seines guten und reichlichen Trinkwassers besonders von den benachbarten Huthäusern stark benutzt wurde, lag etwa eine Viertelstunde nordwestlich von dem Huthause „Beschert Glück“ im Ratswalde und ist erst im Jahre 1790 infolge der von „Beschert Glück“ betriebenen Grubenbaue weggefallen. Eine Meinung der damaligen Bergleute schreibt den Ursprung seines Namens einer Frau Maria Magdalena Hunger zu, die Veranlassung zum Festtage, dessen althergebrachte Feier sich die Bergleute 1737, als solche auf den nächsten Sonntag verlegt werden sollte, „erstritten“ haben, soll sich aber daher schreiben, dass die Kurfürstin Magdalena Sybilla, Witwe des Kurfürsten Johann Georgs II, als sie ihren Namenstag am Hungerborne feierte, den Bergleuten für alle Zeiten ihren Namenstag daselbst zu feiern angeordnet habe. Gewiss ist, dass die Bergleute bis zum Jahre 1737 die Umgebung des Hungerbornes als einen gewohnten Versammlungsplatz betrachteten und als solchen benutzten, ja noch in unserm Jahrhunderte fand daselbst zu gewissen Zeiten im Jahre, besonders Pfingsten, ein großer Zusammenfluss von Personen

aus der Umgegend statt. Man unterhielt sich dabei mit Musik und Spielen.


Die Feier des „Streittags“ fand sich wahrscheinlich in allen sächsischen Bergrevieren vor. Meltzer schreibt in seiner „bergkläuffigen Beschreibung der Bergkstadt Schneeberg“, (1684. S. 3), dass die Bergleute daselbst diese Feier „mit dem Schwerte errungen hätten“, und er vermutet, dass solches bei dem Ausstande der Bergleute im Jahre 1496 geschehen sei. Herzog Heinrich der Fromme ließ den Maria-Magdalena-Tag bei Einführung der Reformation 1539 ausdrücklich als bergmännischen Feiertag fortbestehen, und derselbe wird auch noch gegenwärtig in Schneeberg durch Bergauszug, Gottesdienst und eine Ergötzlichkeit der Bergleute gefeiert.



 
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